Der Lübecker Stadtwald ist seit vielen Jahren Vorbild für kommunale Wälder. Der ehemalige Forstamtsleiter Lutz Fähser entwickelte eine Bewirtschaftungsform, die als Naturwaldkonzept bekannt wurde. Jutta Paulus, GRÜNE Fachpolitikerin für Natur- und Klimaschutz im Europäischen Parlament, lud am Freitag, 27. Oktober, Interessierte zu einem Waldspaziergang ein. Lutz Fähser erklärte den Besucherinnen und Besuchern, darunter auch Scharbeutzer GRÜNE, wie es gelingt, einen kommunalen Wirtschaftswald weitgehend in Ruhe wachsen zu lassen und trotzdem wirtschaftlich zu betreiben.
Begleitet wurde die Gruppe von dem Biologen und Journalisten Lothar Frenz, der das Lokiphon mitbrachte, mit dem historische Aufnahmen von Loki Schmidt zu hören waren.
Sybille Sommer und Bärbel Janke von den Scharbeutzer GRÜNEN äußern sich begeistert über den Spaziergang: „Es war ein sehr lehrreicher, imponierender Vortrag. Die erfolgreiche naturnahe Bewirtschaftungsform ist schon mehr als 30 Jahre Vorbild in ganz Europa,“ sagt Sybille Sommer „Und Loki Schmidt im Originalton zu diesem Thema zu hören war eine stimmige Ergänzung. Lothar Frenz hatte Originalaufnahmen dabei.“
Darüber hinaus war es interessant zu erfahren, dass auch die Förster und Waldarbeiter hier weiterhin viel vom Ökosystem Wald lernen, indem sie es beobachten und die Eingriffe so minimal wie möglich halten. Bärbel Janke: „Die Waldarbeiter sind seit Jahren fest angestellt, haben das Konzept verinnerlicht und gehen verantwortungsvoll mit ‘ihrem‘ Wald um. Die Abstände der Rückegassen wurden hier im Laufe der Jahre von 20 auf 40 und dann auf 80 Meter erweitert, so dass die Schonräume vergrößert wurden.“
Um den Baumbestand in der Gemeinde besser zu schützen, haben die GRÜNEN im April im Umweltausschuss einen Antrag eingebracht, der die Erstellung einer Baumschutzsatzung auf den Weg brachte.
Bei ihrer Sitzung am 27. September 2023 beauftragte die Scharbeutzer Gemeindevertretung die Verwaltung bei einer Enthaltung, das Verfahren zum Erlass einer gemeindlichen Baumschutzsatzung einzuleiten. Mit dieser Entscheidung sind die Wertschätzung und der Schutz der Bäume in unserer Gemeinde einen großen Schritt vorangekommen.
In ihrer Begründung betonte Gabriele Jungk, grüne Vorsitzende des Umweltausschusses, die Vorteile einer Baumschutzsatzung: Bäume sind Schattenspender und Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten und wirken sich positiv auf den CO2-Haushalt aus. Für einen touristischen Ort wie Scharbeutz haben Bäume als ästhetisches Merkmal einen hohen Stellenwert.
Die wichtigste Schutzbestimmung: Es ist verboten, geschützte Bäume zu beseitigen, zu zerstören, zu schädigen oder zu verändern. In der Vergangenheit wurden immer wieder ortsbildprägende Bäume im Zuge von Bauvorhaben gefällt, zuletzt eine ca. 200 Jahre alte Buche in der Seestraße. In Scharbeutz sind etwa 6000 Bäume in einem Kataster registriert, nur etwa 2% von ihnen sind alte, ortsbildprägende Bäume.
In die Satzung aufgenommen werden folgende Bäume:
1. Bäume im Eigentum der Gemeinde Scharbeutz
2. Bäume, für die ein Erhaltungsgebot in Bebauungsplänen festgesetzt ist
3. weitere (private) Bäume, ausschließlich mit Zustimmung der Eigentümer
Für die Durchführung wird Beratungsleistung durch Gemeindemitarbeiter zur Verfügung gestellt. Private Baumeigentümer erhalten Zuschüsse für die Pflege ihrer geschützten Bäume.
Zur Vorstellung der neuen Forsteinrichtung für das Revier Scharbeutz durch die Landesforsten Schleswig-Holstein erklären die Landtagsabgeordnete Catharina Nies und die Scharbeutzer Gemeindevertreterin Gaby Jungk:
In der neuen Forsteinrichtung für das Revier Scharbeutz ist als gutes Ergebnis festzustellen, dass die Hiebsätze von 8.700 Festmetern auf 6.100 Festmetern herabgesetzt werden. Außerdem sollen zwei 16 ha große Altbaumrefugien nördlich des Wald-Friedhofes Timmendorfer Strand und südlich des Mückenbusches in der Scharbeutzer Heide entstehen. Unter dem Begriff Altbaumrefugium ist die Nicht-Nutzung von alten Bäumen zu verstehen, ohne auf den sonstigen Einschlag zu verzichten. Die Kronendichte wird erhalten und vergrößert. (Lesen Sie auch den ausführlichen Bericht über die neue Forsteinrichtung vom 27. Juni 2022 weiter unten.)
Mit Zustimmung der Landesforsten ist vereinbart, weiter im Dialog zu bleiben und sich auch über die Gemeindegrenzen auszutauschen. Die Landesforsten boten einen ersten Waldtermin an, um am Objekt sprechen zu können.
Am 14.Sept. fand die erste Waldbegehung in der Scharbeutzer Heide statt. Dabei wurden die verschiedensten Nutzungsflächen in der Scharbeutzer Heide, von Naturwald bis Wirtschaftswald mit Erhalt der besonders alten und hochwertigen Bäume (Altbaumrefugium) vorgestellt. Unser Förster Herr Tybussek und Herr Harrihausen, Naturschutzbeauftragter der Landesforsten, gaben uns sehr interessante Einblicke in die zukünftigen Planungen mit dem besonderen Schwerpunkt von Naturschutz und Erhalt von Lebensraumtypen.
Im Scharbeutzer Waldgebiet Neukoppel, Bestandteil des FFH (Flora-Fauna-Habitat)-Gebietes „Wälder im Pönitzer Seengebiet“, wurden in den letzten Monaten des vergangenen Jahres noch während der Vegetationsperiode umfangreiche Baumfällungen und eine Durchforstung mit schweren Erntegeräten durchgeführt. Mehrere hundert Alt-Bäume, vorwiegend Buchen und auch einzelne, etwa 200-jährige Eichen mit einem Stammdurchmesser von über 90 cm wurden gefällt.
Bereits 2019 fand in dem in Timmendorfer Strand und Scharbeutz gelegenen Kammerwald ein intensiver Holzeinschlag durch die Landesforsten statt. Dieser alte Wald hat eine herausragende Bedeutung als Erholungsort für Touristen und Einheimische.
Da zu befürchten ist, dass diese Fällungen nicht mehr einer ordnungsgemäßen Forstwirtschaft entsprechen, hat auf Initiative der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Gemeinde Scharbeutz ein interfraktioneller Arbeitskreis ein Schreiben an den Ministerpräsidenten, den Umweltminister, den Direktor der Landesforsten und die Vorsitzende des Verwaltungsrates der Landesforsten formuliert. In diesem Schreiben wird Ministerpräsident Daniel Günther aufgefordert, sich für die Erstellung einer zeitgemäßen Waldbaurichtlinie in Schleswig-Holstein einzusetzen, die den heutigen Anforderungen an den Klimaschutz gerecht wird und den Erhalt der Biodiversität in den Vordergrund stellt.
In der Sitzung der Scharbeutzer Gemeindevertretung am 9. Juni wurde einstimmig von allen Fraktionen zugestimmt, das Schreiben an die o. g. Adressaten zu senden. Die Vorsitzenden aller Fraktionen haben mit ihren Unterschriften ihre Zustimmung bestätigt.
Den kompletten Text des Schreibens lesen Sie hier…
In der Sitzung des Umweltausschusses am 11. März 2021 beantragte die Fraktion der GRÜNEN, die Landesregierung zur Erstellung einer zeitgemäßen Waldbaurichtlinie im Land aufzufordern.
Der Antrag im Wortlaut:
Die Gemeindevertretung der Gemeinde Scharbeutz fordert den Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein auf, sich für die Erstellung einer zeitgemäßen Waldbaurichtlinie in Schleswig-Holstein einzusetzen, die den heutigen Anforderungen an den Klimaschutz gerecht wird und den Erhalt der Biodiversität in den Vordergrund stellt.
Dem Schutz der Biodiversität sowie der Anpassungsfähigkeit und Klimatauglichkeit der Wälder in Schleswig-Holstein ist verbindlicher Vorrang vor der ökonomischen Nutzung zu verschaffen.
Das Konzept der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten und die tatsächliche Betriebsführung sind umgehend in Richtung auf ein eindeutig Ökosystem-orientiertes Arbeiten auszurichten.
Die ausführliche Begründung finden Sie hier:
Nach einer lebhaften Diskussion beschloss der Ausschuss auf Antrag der WUB einstimmig, eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einzusetzen, die zeitnah ein gemeinsames Schreiben an die Landesregierung, den Umweltminister und den Direktor der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten formulieren soll.
Vortrag von
Knut Sturm
Bereichsleiter Stadtwald Lübeck
Das Lübecker Konzept naturnaher Waldnutzung gilt in Deutschland und auch international als vorbildlich für ein nachhaltiges Waldmanagement.
Derzeit leiden unsere Wälder massiv unter den Folgen des Klimawandels. Trocken- und Hitzeperioden haben insbesondere den Wirtschaftswald geschwächt und ihn anfällig gemacht für Krankheiten und Borkenkäferbefall.
Dabei ist der Wald wichtiger denn je: als vielfältiger Lebensraum, Erholungsort, als grüne Lunge und als Klimaretter. Seine enorme Fähigkeit, CO2 zu speichern, wurde kürzlich durch Berechnungen Schweizer Forscher nachgewiesen.
Naturnahe Wälder können sich dauerhaft natürlich entwickeln und kommen so leichter mit der Dürre zurecht. Sie sind zudem Oasen der Artenvielfalt. Der Anteil solcher Naturwälder in Deutschland ist mit 2,8% der Gesamtfläche immer noch sehr gering.
Gleichzeitig steigen Interesse und Wissen der Bevölkerung und damit auch der Wunsch, Veränderungen voranzutreiben.
Darüber wollen wir in Scharbeutz mit Knut Sturm diskutieren. Sturm ist ausgewiesener Fachmann für Forstwirtschaft und Waldökologie, berät Umweltorganisationen wie Greenpeace und ist wissenschaftlicher Beirat der Naturwald-Akademie in Lübeck. Er und sein Vorgänger Dr. Lutz Fähser sind Träger des B.A.U.M.-Umweltpreises 2018 (B.A.U.M.: Bundesdeutscher Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management e.V.).
Diese Veranstaltung wird gemeinsam von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Scharbeutz, Timmendorfer Strand und Ratekau organisiert, alle Interessierten sind herzlich eingeladen, Fragen zu stellen und Ideen einzubringen.