Primat der Politik vehement gefordert

Das in Eutin stationierte Aufklärerbataillon feiert im September sein 50-jähriges Jubiläm mit einer Reihe von öffentlichen Veranstaltungen. Der Friedenskreises Eutin e. V. hat die Durchführung eines Großen Zapfenstreichs am Schloss in einem offenen Brief kritisiert, der am 15. September im Ostholsteiner Anzeiger veröffentlicht wird. Monika Obieray und Henning v. Schöning antworten darauf mit folgendem Brief, der am 19. September 2008 im Ostholsteiner Anzeiger erscheint:

19.09.08 – von Monika Obieray & Henning von Schöning –

 

Sehr geehrter Herr Pastor Tamchina, sehr geehrte Damen und Herren im Friedenskreis, wir danken für Ihren Diskussionsbeitrag aus Anlass des Großen Zapfenstreichs in Eutin.

 

Ihre Feststellung, dass die Bundeswehr häufiger als noch vor wenigen Jahren den öffentlichen Raum - in Eutin z. B. die Schlosswiese oder den Marktplatz - nutzt, um sich zu präsentieren, deckt sich mit unseren Beobachtungen. Wir Grünen teilen auch die Auffassung, dass der Choral "Ich bete an die Macht der Liebe" im Rahmen des Großen Zapfenstreiches zu gravierenden Missver­ständnissen Anlass gibt.

 

Nach unserer Kenntnis trifft es aber nicht zu, dass die Nutzung des öffentlichen Raumes für militärische Veranstaltungen auf das Dritte Reich zurück geht. Die Tradition ist älter, wurde in Deutschland schon zur Kaiserzeit etabliert und wird auch in anderen Ländern praktiziert. Uns scheint dies wichtig, weil wir die heutige Bundeswehr nicht in die Tradition der Nazi-Diktatur gestellt sehen wollen.

 

Die Bundeswehr nimmt ihre Aufgabe als Armee, die keinen Angriffskrieg führen darf und für Friedenssicherung zuständig ist, sehr kompetent wahr. Bei unseren Besuchen in der Eutiner Kaserne, z. B. zur Blauen Stunde, konnten wir erfahren, dass über die Einsätze im Kosovo und in Afghanistan sehr differenziert und selbstkritisch berichtet wurde und dass der Primat der Politik für die Friedenssicherung sogar vehement eingefordert wurde.

 

Wir halten es für richtig und notwendig, das Zelebrieren militärischer Rituale im öffentlichen Raum zu hinterfragen. Oft wird so etwas gemacht, damit die Politik militärische Stärke demonstrieren kann, weil sie Militäreinsätze als Mittel politischen Handelns sieht. Vielfach gerät dabei aus dem Bewusstsein, dass politisches Handeln misslungen ist, wenn es dauerhafte Auslandseinsätze des Militärs nach sich zieht. Die Erfahrungen des gut gemeinten Militäreinsatzes in Afghanistan sind leider ernüchternd. Die von uns Grünen von Anfang an abgelehnten Militäreinsätze der NATO im Irak sind sogar in einem Fiasko voller unvorstellbarem Leid geendet.

 

Die Präsenz der Bundeswehr im öffentlichen Raum setzt diese auch verstärkt der öffentlichen Kritik aus, und das sehen wir in einem demokratischen Gemeinwesen als Chance, die es zu nutzen gilt, und sei es nur durch das Hochhalten eines Transparents. Den kritischen Diskurs über das, wofür die Soldaten der Bundeswehr ins Ausland geschickt werden, halten wir für geboten, auch angesichts der Tatsache, dass ein gesellschaftliches Klima wie in den USA zu uns herüberschwappen könnte.

 

Wir Grüne sehen mit Sorge, dass in den US-amerikanischen Wahlkämpfen die Kandidaten punkten können, wenn sie zur Wahrung so genannter nationaler Interessen über alle möglichen Militäreinsätze räsonieren. Leider stößt ein derartiges Säbelrasseln gerade bei der evangelikalen Rechten auf Zustimmung. Um so anerkennenswerter finden wir es, wenn Christen sich öffentlich wahrnehmbar auf ein Grundelement ihres Glaubens besinnen, indem sie einen gewaltfreien Umgang mit Konflikten einfordern - nicht nur im zwischenmenschlichen Bereich, sondern auch in der großen Politik.

 

 

Wir Grüne wehren uns entschieden gegen jeglichen Versuch der Bundesminister des Inneren und der Verteidigung, die Inlandkompetenzen der Bundeswehr zu erweitern. Aus gutem Grund lehnt das Grundgesetz den Einsatz der Bundeswehr im Inneren ab. Wir schließen uns ausdrücklich der Aussage an, dass die Möglichkeiten des Einsatzes der Bundeswehr in Katastrophen- bzw. großen Unglücksfällen ausreichend geregelt sind. Es ist ebenfalls grüne Programmatik, dass Auslandseinsätze der Bundeswehr grundsätzlich durch ein UN-Mandat legitimiert werden müssen und nur friedenserhaltenden Maßnahmen dienen dürfen.

 

Übrigens ist es nicht zulässig, dass die Jugendoffiziere der Bundeswehr in den Schulen Nachwuchsrekrutierung betreiben. Sie dürfen lediglich über die Bundeswehr informieren und die Schulleitungen sind gehalten, dies zu überprüfen. Außerdem gilt das Neutralitätsprinzip, das in diesem Fall auch den Besuch aus dem Bereich Zivildienst beinhaltet. Auch hier sind die Schul­leitungen verantwortlich. Diese Verantwortlichkeit sollte gegebenenfalls durch aufmerksame Schüler- und Elternvertretungen eingefordert werden.

 

Wir finden es gut, dass der Friedenskreis Eutin auf bedenkliche Entwicklungen engagiert hinweist und diese in die öffentliche Diskussion einbringt. Wir stehen für Gespräche jederzeit gern zur Verfügung.

 

Helm ab zum Gebet? Nein, danke!

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