Ostholsteiner müssen sich bei der Trassenplanung einmischen

08.03.10 –

Mit einem Appell für ihre aktive Mitarbeit an der Planung der Hinterlandanbindung endete am Freitag, 26. Februar, der Vortrag des Eisenbahnexperten Prof. Dr. Thomas Siefer in Scharbeutz für die rund 80 Zuhörer und Zuhörerinnen.
Der Kreisverband der Grünen hatte mit Prof. Siefer, dem Leiter des Institutes für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und -betrieb der Technischen Universität Braunschweig, einen ausgewiesenen Fachmann für die Trassendiskussion eingeladen. „Unser Ziel war, die Diskussion um die Trassen Varianten zu versachlichen und die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Verbände aufzuzeigen." sagt Heinrich Finke aus dem Kreisvorstand der Grünen. „Wir sind weiterhin gegen die Feste Beltquerung, das ökologische und ökonomische „Schwarze Loch", doch wollen wir uns konstruktiv an der Diskussion beteiligen."
Professor Siefer machte auf abweichende Aussagen zu den Frachtprognosen für 2025 aufmerksam: so differieren die Prognosen im Bundesverkehrswegeplan (150 Güterzüge) und die Angaben des Bundesverkehrsministerium (80 Güterzüge) erheblich. Es sei offen, welche Trassen Varianten tatsächlich berechnet werden.
Professor Siefer verdeutlichte die vertraglich geregelten Aufgaben, die in den nächsten Jahren von Deutschland zu erledigen seien: Bis 2018 muss die Strecke elektrifiziert und die Signaltechnik an den europäischen Standard ETCS angeglichen sein.
Er dämpfte jedoch die Hoffnungen der ZuhörerInnen man könne die Ausstiegsklausel nutzen, wenn die Strecke nicht rechtzeitig fertig gestellt werde oder die Kosten weiter steigen: Sollte die Elektrifizierung nicht abgeschlossen sein, bedeute dies, dass die Güterzüge mit Dieselloks gezogen werden würden. Noch vorhandene Kreuzungspunkte könnten ohne zusätzliche Planungsverfahren wieder in die Strecke einbezogen werden, denn sie seien nicht entwidmet worden. Damit könnte das Betriebsprogramm auf der Strecke kurzfristig verdichtet werden.
Für Professor Siefer bestehen vier Optionen für den Bau der Hinterlandanbindung: 1. Ertüchtigung und Ausbau der bestehenden Strecke, 2. Ertüchtigung der bestehenden Strecke bis 2018 und Neubau, 3. Neubau und Nutzung für den gesamten Bahnverkehr, 4. Neubau für den Güter- und Schnellverkehr, der Nahverkehr verbleibt auf der bestehenden Trasse. Herr Siefer machte darauf aufmerksam, dass bisher Trassenvarianten für den südlichen Streckenabschnitt vorlägen, aber auch nördlich von Oldenburg sah er größeren Bedarf, die Trasse zu optimieren. Er ermunterte daher die Zuhörer, sich aktiv an der Trassenplanung mit ihrem Wissen als Anwohner zu beteiligen.
Dabei ist es wichtig zu wissen, dass internationaler Verkehr - also Fernzüge des Personenverkehrs und Güterzüge - laut europäischem Recht immer Vorrang vor de Nahverkehr hat. Dies ist in der Eisenbahninfrastrukturbenutzungsverordnung geregelt. Für Ostholstein würde dies bedeuten, dass in den Fällen 1 - 3 der Nahverkehr in der Taktung und der Pünktlichkeit das Nachsehen haben könnte. Die Region würde vom ÖPNV abgehängt.
Der in der lebhaften Diskussion geäußerten Befürchtung, die Bahn würde den Nahverkehr auf der bestehenden Trasse nicht mehr anbieten, entkräftet Professor Siefer mit dem Hinweis, dass die Landesverkehrsgesellschaft den Bahnverkehr ausschreibe und auch andre Gesellschaften als die Bahn Angebote machen können.
„Warum sollten die Kommunen an der Trasse nicht den Bahn betrieb als S-Bahn von Lübeck bis Fehmarn organisieren?", fragt die Kreisvorsitzende der Ostholsteiner Grünen, Silke Mählenhoff. Damit könnten sich ganz neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Region ergeben, Arbeitsplätze gesichert und der Tourismus stabilisiert werden."
Zur Frage nach dem Lärmschutz an der Strecke erklärte Herr Siefer, dass statt eines „stationären Lärmschutzes", also Lärmschutzwänden entlang der Trasse, von Bahnplanern und Waggonbauern immer häufiger der Lärmschutz an den Fahrzeugen verbessert werde. Auch Loks und Güterwaggons seien leiser geworden, ihre Lautstärke läge nicht mehr über dem einen vorüberfahrenden ICE. Die Betreiber erkennen zunehmend, dass in dichtbesiedelten Zonen nur mit dem optimalsten Lärmschutz der Anwohner der Bahn verkehr zu verdichten sei.
Professor Siefer wies eindrücklich darauf hin, dass während des Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahrens noch gute Aussichten bestünden, eine optimierte Trasse zu erreichen.

 

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2010 | Wirtschaft & Verkehr